Schulstart samt Spinnenbiss

Auf los geht´s los. Anders als in Österreich startet die Schule hier in Mexiko, Playa del Carmen bereits in der letzten Augustwoche. Und so ging es für unseren Sohn am Montag, den 21. August um 7.50 Uhr zum ersten Schultag in die nahe gelegene Schule Arból Azomali.

Ein aufregender Moment für uns alle. Lenny hatte ein mulmiges Gefühl. Lieber würde er Zuhause die Schule starten, so meinte Lenny. Die Angst vor dem Neuen im Allgemeinen und vor der sprachlichen Hürde hatten sich an dem Morgen breit gemacht. Da hilft es nicht deinem Kind zu sagen: “Hab keine Angst, das wird schon!” Denn keine Angst zu haben, obwohl diese mit Haut und Haaren spürbar ist, ist eher unrealistisch und vergrößert das Gefühl meist nur.

Am Weg zur Schule bepackt mit Rucksack und “Lonchera”, die jedes Kind für die Jause benötigt, damit diese gekühlt bleibt, spielten die Emotionen ihr Lied. Von den Worten Angst über unangenehmes Gefühl bis hin zu “Ihr wolltet doch mit mir Homeschooling machen”, kam auf unserem Weg entlang am Dschungel alles daher.

Und ja, der Plan war es mit unserem mittlerweile 10-jährigen Sohn, der nun die 4. Klasse der Volksschule in Mexiko besucht, im Heimunterricht zu arbeiten. Aber das anzunehmen was kommt, ist auch einer unserer Pläne. Und so haben wir kurzerhand entschieden, dass auch unser Sohn, so wie unsere Tochter, die Möglichkeit des örtlichen Schulbesuchs haben soll.

Ursprünglich geplant hatten wir unsere Rosa morgens in den Kindergarten im Arból Azumali zu bringen und dann mit Lenny den Unterricht zu starten. Die ungefähre Struktur hatten wir festgelegt - mein Mann Alex macht vorwiegend Mathe, ich Deutsch, für den Kontakt zu einem anderen Lehrer hätten wir einen externen “native” Englischlehrer gesucht und alle anderen Fächer hätten wir uns geteilt. Zudem hätte Lenny den Hip Hop-Unterricht besucht, da er auch in Österreich seit geraumer Zeit tanzt und so soziale Kontakte hätten schließen können.

Der angst “Hallo” sagen

Aber manchmal kommt es eben anders, als “man” denkt und so haben wir beschlossen, dass Lenny eine spannende und erlebnisreiche Erfahrung machen wird, wenn er in der Schule die Hälfte der Zeit in Englisch und die andere Hälfte der Zeit in Spanisch unterrichtet wird. Morgens mit Sra. Alejandra 3 Stunden Unterricht auf Spanisch und danach mit Mr. Ed 3 Stunden Unterricht auf Englisch. Also wenn da nichts hängen bleibt, dann wüßte ich nicht wie sonst.

Und als sich bei unserem Sohn am Weg zur Schule die unterschiedlichsten Gefühle meldeten, allen voran die Angst vor dem Ungewohnten, vor dem Neuen konnte ich ihm ein Stück weit damit helfen, was auch mir bereits geholfen hat und ich vielfach auf dem Weg zur Lebensberaterin erfahren durfte. Nämlich, die Angst nicht wegzuschieben, sondern ihr Raum zu geben. Was ich an diesem Morgen mit folgenden Worten machte: “Sag deiner Angst, dass sie da sein darf. Sie wird immer wieder in deinem Leben auftauchen und wird ein unangenehmes Gefühl hervorrufen. Die Angst bewahrt uns oft vor Dummheiten oder davor, Unüberlegtes zu tun. Und heute ist sie hier, weil du noch nicht weißt, was auf dich zukommt. Sag ihr: “Angst, es ist in Ordnung, dass du da bist, aber trotzdem freue ich mich auf den Schulstart und meine neuen KollegInnen.”

Und mit dem Nachhall der Worte im Ohr spazierten wir den restlichen Weg bis zur Schule. Kurz vor Ankunft am Schulgelände hörte ich Lenny, den auch für mich sehr beruhigenden Satz, sagen: “Jetzt ist das unangenehme Gefühl schon weniger geworden.”

Er drehte sich nochmal zu Alex, Rosa und mir um und wurde im nächsten Moment schon von einem kleinen, sehr herzlichen Emfangskomitee aus 4-5 Lehrerinnen am Tor der Schule begrüßt.

Aufregung um Spinnenbiss

Zuhause, während wir uns bis 14.30 Uhr - solange dauert hier die Schule täglich - die Zeit mit Baden, Essen und gemeinsamen Spielen vertrieben, dachte ich mehrmals an unseren Sohn und sendete ihm gutes Gelingen. Und zu Rosa, für die es ein paar Tage später losgeht, habe ich gesagt: “Weißt du was ich mir wünsche, wenn Lenny heute aus der Schule kommt? Er muss nicht völlig begeistert sein, es würde mir schon reichen, wenn er sagen würde: Mama, es war ok.”

Und als wir ihn dann pünklich und erwartungsvoll am Schultor abholten, meinte er etwas genervt: “Können wir jetzt bitte endlich fahren!”

Hinten auf dem Gepäcksträger des Rades sitzend, hat Lenny dann zu erzählen begonnen: von Rodrigo, dessen Vater ein Deutscher ist und er daher auch gut Deutsch spricht. Von den anderen KlassenkollegInnen und deren Verhalten. Von Mr. Ed, der ihn gefragt hat, wo sein Englischbuch ist, von Sra. Alejandra, die mit der Gruppe aus 10 Kindern Spiele gespielt hat und von dem aufregendsten Moment an diesem ersten Schultag, als sein Kollege Rodrigo von einer Spinne gebissen und daraufhin abgeholt wurde. Er hatte aufgrund des Bisses einen großen Dübel am Zeigefinger bekommen und fühlte sich nicht so gut.

Alles in allem war Lennys Laune viel besser als ich erwartet hatte. Ich war happy und mein Mann auch, sodass wir uns in einem unbeobachteten Moment voller Freude in die Arme gefallen sind. Ein guter Tag!

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Klammern, Krallen und Tränen

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Gestohlen wird trotzdem