Klammern, Krallen und Tränen

Fast hätte es so ausgesehen, als müssten wir unsere Rosa aus der Schule nehmen. Die ersten Tage waren hart für unsere noch 5-jährige Tochter. Vielleicht sogar noch ein bisschen härter für uns.

Wenn du dein Kind am Eingang zur Schule verabschieden möchtest und sie sich festkrallt, wie sie es noch nie zuvor getan hat, dazu weint und kreischt, dann musst du schon selbst mit dir kämpfen. Da Rosa mich nicht auslassen wollte, habe ich sie noch zu ihrer Klasse begleitet. Im Klassenraum wurde ihr gezeigt, wo sie ihre Tasche aufhängen kann und die wichtigsten ersten Stationen beschrieben. Da Rosa immer noch festgekrallt an mir hing, übersetzte ich ihr die Einweisung auf Deutsch.

Irgendwann kam dann der Moment, indem ich sie von mir losbringen musste, da es den Eltern nicht gestattet ist, sich im Klassenzimmer aufzuhalten.

Nicht, dass ich diese Situation nicht schon einmal erlebt hätte. Solche Momente gab es schon mehrmals, als Lenny zum ersten Mal bei Oma und Opa schlief, als Lenny und Rosa zum ersten Mal die Krabbelstube besuchten und wiederholt hat sich diese kleine Tragödie, als sie in den Kindergarten kamen. Ich kann mich allerdings erinnern, dass es nicht ganz so schlimm war. Da hatten wir wahrscheinlich Glück.

Dieses Mal war es anders. In dem Moment, wenn du dein Kind loslassen musst, obwohl du selbst gar nicht loslassen möchtest, kommen umgehend Schuldgefühle auf. Ich bin raus, habe einen Moment inne gehalten und konnte hören, dass das Weinen und Schreien nach mir noch ein wenig lauter wurde. Noch größer wurde das Schuldgefühl.

Da kommen dann so Gedanken auf, wie: “Eigentlich ist das doch gar nicht notwendig. Sie müsste hier ja gar nicht in die Schule gehen. Warum tun wir ihr das an?”

Da wären wir wieder einmal bei der Komfortzone. Auch wenn Kinder in ihrer Komfortzone bleiben dürfen, ist es auch ab und an für unsere Kleinen gut, wenn sie etwas anderes erleben und sich neuen Herausforderungen stellen. Vorausgesetzt eine gute Basis ist gegeben. Fühlen sich die Kinder generell sicher, geborgen und in ihrer Familie gut aufgehoben, wissen sie, dass ihnen nicht passieren kann, dann können sie auch solche Situationen vertrauensvoll meistern.

Vertrauen ist etwas, dass in ganz früher Kindheit Eltern oder Erziehungsberechtigte mitgeben können. Urvertrauen entsteht schon in den ersten Lebensmonaten, wenn nicht bereits im Bauch der Mutter. In meiner Abschlussarbeit zur psychosozialen Beraterin habe ich über die “7 Säulen der Familie” geschrieben - welche Faktoren es benötigt, um ein gelungenes Miteinander in der Familie zu erleben. Unter anderem habe ich die Formel 9 + 36 = 99 aufgegriffen. Diese beschreibt, dass die ersten 9 Monate an Erfahrung eines Embryos + die ersten 3 Jahre an Erfahrung eines Kleinkindes, 99 % dessen ausmachen, mit welchem Selbstvertrauen und mit welcher Selbstsicherheit der Mensch durchs Leben gehen wird.

Wohlwissend das wir unseren Kindern alles an Liebe, Fürsorge und Vertrauen mitgegeben haben, stehst du dann trotzdem in so einem Moment, indem dein Kind dich nicht loslassen möchte, da und haderst mit deiner Entscheidung. Es hat mich den Vormittag gekostet, mich zu allererst von dem beklemmenden Gefühl zu befreien und dann all die positiven Aspekte zu sammeln, die es wert sind, Rosa in diese Lage zu versetzen. Da hilft es zudem, deinem eigenen Urvertrauen Raum zu geben und dir in Erinnerung zu rufen, dass es oft die Anfänge sind, die schwerfallen können.

Und so war es auch. Es waren die ersten 3 Tage, die unserer Tochter Mühe bereiteten. Sie weinte, sie zerrte an mir, klammerte sich fest und lies mich nicht los. Es kostete Mühe und Überwindung bis Rosa dann endlich mit der Lehrerin mitging. Und die Lehrerinnen und Lehrer an der Schule sind ausgesprochen nett, bemüht, freundlich und versuchen alles, um es den Kindern leicht zu machen.

Bei Abholung war Rosa dann schon jedes Mal besser gelaunt.

Überraschenderweise bereits am Montag drauf, nach einem schulfreien Wochenende, freute sie sich auf ihre Gruppe und auf den am ersten Wochentag festgelegten Programmpunkt, Musik.

Schulfreies und vor allem Seegrasfreies Wochenende

Und an diesem schulfreien Wochenende kam Begeisterung auf!

Wir sind nun seit etwas über 1,5 Monaten hier. Und seitdem wir Mitte August in Punta Allen waren, hat es uns nicht mehr an den Strand gezogen. Wenn du dazu jederzeit die Möglichkeit hast, dann verliert sich offensichtlich das Interesse ein wenig. Aber so ist es mir bereits ergangen, als ich hier als junge Frau 2 Jahre lebte und arbeitete. Baden und am Strand liegen stand nach einiger Zeit nicht mehr ganz oben auf meiner Liste. Abgesehen davon, waren wir die letzten Wochen nicht sehr interessiert daran uns durchs Seegras ins Meer zu schlagen.

Vor einigen Tagen dann, als wir die Kinder zur Schule brachten und ein paar Dinge erledigten, machten mein Mann und ich einen kleinen Abstecher um die Seegraslage zu checken. Und siehe da, die Schönheit des türkisblauen Wassers ist zurück. Derselbe Wind, der das Seegras zum Ufer trägt und den Strand in einen braunen, unangenehm riechenden Ort verwandelt, trägt die öligen Gräser auch wieder weg.

An sich regeneriert sich das Meer, wenn es sich vom Seegras befreit und dieses ans Ufer schwemmt. Zudem bildet sich dadurch neuer Strand. Nur ist es mittlerweile die Menge, mit der die Menschen und die Umwelt nicht mehr zurechtkommen. Da heißt es auf der einen Seite Strand reinigen, was durch die örtlichen Kräfte getan wird und auf der anderen Seite “Margarita trinken und abwarten”. Auch keine schlechte Option, zumal die “Margarita clásica” mein Lieblingsgetränk ist.

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Per “Sie” mit Mama und Papa

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Schulstart samt Spinnenbiss