Per “Sie” mit Mama und Papa

Die Eingewöhnungsphase für unsere Kinder in der Schule ist nun vorüber. Die Kids sind angekommen. Rosa würde am liebsten das Wochenende in der Schule verbringen.

“Sie ist so süß”, sagt Rosa. Die kleine Reef, 3 Jahre, Mutter und Vater aus Israel, geht in die Gruppe nebenan. Rosa liebt es, sich um die Kleinen zu kümmern, sie an der Hand zu nehmen und zu unterstützen.

Aber nicht nur das Wochenende konnte Rosa nicht in die Schule gehen, es war auch der Freitag davor frei. Der 15. September, einer der wichtigsten Tage des Jahres in Mexiko, der “Día de Independecia”. Der Tag der Unabhängigkeit wird hier zu Lande sehr groß gefeiert. Wochen zuvor beginnen die stolzen Mexikaner schon ihre Häuser, Restaurants und Straßen zu schmücken. In der Schule wird die Geschichte des Landes durchgenommen und vor allem lautstark das Schreien von “Viva Mexico” geübt.

Schön, wie stolz die Mexikaner auf ihr Land und ihre Traditionen sind. Zudem sind sie ausgesprochen höflich, hilfsbereit und gastfreundlich. Diese bemerkenswerte Höflichkeit ist mir das erste Mal aufgefallen, als ich meinen Dienst 1999 hier in der Hotellerie angetreten habe. Es ist keine dieser Freundlichkeiten, die dahinter eine Erwartung verbirgt, sondern eine offene, respektvolle und herzliche Haltung, die dich definitiv dazu einlädt, mitzumachen. Mitzumachen, mitzulachen, selbst offen und ehrlich zu sein und keine Erwartungen zu haben.

Aber woher kommt das? Ich hatte vor ein paar Tagen ein Gespräch mit Toni. Toni, vom kleinen Café um die Ecke, bemüht sich täglich seine Gäste mit gutem Kaffee und französischem Gebäck zu verwöhnen und nimmt sich immer Zeit für einen Plausch, sofern es der Arbeitsaufwand zulässt. Aber da die Uhren - zumindest hier an der Karibikküste - etwas langsamer ticken, geht sich das meistens aus. Und so hatte Toni Zeit mir zu erklären, woher diese überaus freundliche Haltung kommt.

In Mexiko steht die Familie an erster Stelle und nicht nur das, die Familie ist in Mexiko das Herz und die Seele der gesellschaftlichen Struktur. Ohne Oma und Opa, Onkel und Tante, Cousins und Cousinen werden keine Feste gefeiert und kein Urlaub verbracht. Die Familie hilft sich gegenseitig, in guten Zeiten und in der Not. Man hilft sich bei Behördengängen und wenn es darum geht, einen Job zu finden.

Was die MexikanerInnen schon sehr früh lernen ist Respekt. Der respektvolle Umgang älteren Menschen, aber auch Mutter und Vater gegenüber. So ist es in vielen Familien sogar Usus, dass Kinder ihre Eltern siezen. Zur respektvollen Haltung kommt aber enorm viel Liebe dazu. Dieser Cocktail aus “amor y respeto” ist es, was ich hier in Mexiko sehe und miterleben darf und davon werden wir ein Stück mit nach Hause nehmen. Mit unseren Kindern bleiben wir per “Du”, aber es ist uns möglich unseren Mitmenschen gegenüber herzlich und offen zu agieren und somit Rosa und Lenny diese Haltung vorzuleben.

Unheimliches und mystisches Chichén itzá bei Nacht

Zurück zum mexikanischen Unabhängigkeitstag. Wir hatten also von Freitag weg das Wochenende frei und wollten den besonderen Tag an einem besonderen Ort verbringen. Chichén Itzá. Chichén Itzá ist eine der bedeutendsten Ruinenstätten auf der Halbinsel Yucatán. Die Ruinen stammen aus der späten Maya-Zeit und sind eine der ausgedehntesten Fundorte auf der Halbinsel. Und da ich Chichén Itzá in der Vergangenheit bereits dreimal tagsüber besichtigen durfte, davon einmal vor 5 Jahren mit meinem Mann und meinen beiden Kindern, musste es dieses Mal “Noches de Kukulkán” - Chichén Itzá bei Nacht sein.

Eingecheckt zu Mittag in Valladolid im Hotel, ging es danach ins Zentrum zum Mittagessen in ein kleines, äußerst nettes Lokal in einer der schönsten Straßen Valladolids, in die Calzada de los Frailes. Eine mit Kopfstein gepflasterte Straße mit allerlei schönen Geschäften, gefüllt mit Kunsthandwerk und nachhaltig produzierter Kleidung.

Nach einer Verschnaufpause im Hotel brauchten wir noch 50 Autominuten zur Ruinenstätte, wo uns um 19 Uhr die Pforten zu Chichén Itzá geöffnet wurden.

In der Dunkelheit und in einer derart geringen Anzahl von Besuchern - wir waren maximal 20 Personen - wirkt die mächtige Hauptpyramide, der Tempel von Kukulkán, sehr mystisch und die gesamte Anlage ein wenig unheimlich. Die Kinder hatten anfänglich Angst den Rundgang zu machen, da es schien, als würde ein Gewitter aufkommen. Blitz und Donner kündigten das Gewitter zwar an, entladen hat es sich aber dann an anderer Stelle. Trotz der düsteren Stimmung war die Neugierde groß und brachte uns somit vorbei an den kleineren Nebengebäuden und am Schauplatz des berühmten Ballspiels der Maya Ulama oder Pok-ta-Pok.

Im Anschluss an die nächtliche Besichtigung der historischen Anlage wurden wir eingeladen vor der Hauptpyramide, im Abstand von ungefähr 200 Metern, Platz zu nehmen. Eine mystische, spannende und eindrucksvolle Lichtprojektion samt imposanter Stimme, die die Geschichte Chichén Itzás wiedergab, fesselte unsere Aufmerksamkeit. Ein phantastisches Erlebnis am Tag der Unabhängigkeit Mexikos, sowohl für uns als auch für unsere Kinder.

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Es ist nicht alles Gold, was glänzt

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Klammern, Krallen und Tränen