Jedes Ende ist ein neuer Anfang

Es war schön! Sehr schön sogar. Nicht immer leicht, aber jede gute Beziehung hat seine Höhen und Tiefen. Die Beziehung, die wir als Familie in Mexiko mit dem Land oder zumindest mit einem Teil des Landes, mit den veränderten klimatischen Bedingungen, mit den Menschen und mit der Kultur eingegangen sind, war geprägt von vielen “Ups”, aber auch einigen “Downs”.

Die anfänglichen Schwierigkeiten waren nicht nur den veränderten Umständen geschuldet, sondern auch unserem Umgang mit der neuen Lebenssituation. Es fühlte sich komisch an, zum Teil im Urlaub und doch in einem neuen Zuhause auf Zeit angekommen zu sein. Der Pool lud zwar zum Reinspringen ein, aber ansonsten hatten unsere Kinder kein Umfeld, dass sie irgendwie heimisch fühlen ließ. Wenige Spielsachen, keine Freunde, keine Familie außer Mama und Papa und doch sollten sie jetzt so tun, als wäre alles wie bisher, nur halt 10.000 km von Zuhause entfernt. Das stellte uns vor eine Herausforderung, da auch wir - Alex und ich - an der Situation gerade nichts ändern konnten.

Zudem stellten wir kurz nach Ankunft fest, dass die Preise immens angezogen hatten. Nach der Pandemie und dem Zuzug vieler Menschen unterschiedlicher Herkunft nach Playa del Carmen, schnellten auch die Preise in die Höhe. Das erste und letzte Eis für die Kinder in der Quinta Avenida kostete uns 20 Euro, 2 Kugeln pro Kind wohlgemerkt.

Aber alles im Leben braucht Zeit! Wenn du dir diese nimmst, dich nicht selbst unter Druck setzt, in deinem Tempo dich den veränderten Bedingungen anpasst, dann hast du die beste Voraussetzung dafür geschaffen, die Veränderung im halbwegs entspannten Modus zu genießen. Du stehst sozusagen mit deiner Befindlichkeit auf Grün. Kommt dann eine unvorhergesehene Situation auf dich zu - wie beispielsweise zwei Eis um 20 Euro :-) - dann schnellt dein Befindungslevel vielleicht auf Gelb, aber völlig ausrasten wirst du nicht. Bist du hingegen mit deiner Konstitution ständig auf Gelb, dann könnte ein ähnlicher Vorfall einen kleinen Ausbruch verursachen und dich in deiner Emotion ordentlich erschüttern.

Es hat einige Momente gegeben, in denen wir uns bewusst wieder auf das grüne Niveau bringen mussten. Hierfür ist es hilfreich zu wissen, was dir guttut und dich entspannt. Ich musste dann einfach mal raus und mir den Ärger von der Seele laufen oder im Durchmarsch das schmutzige Geschirr waschen. Da wir keinen Geschirrspüler hatten, war das eine längere Angelegenheit, somit konnte ich mich schon ein wenig abreagieren.

Ein klein wenig Zuhause

Es waren ungefähr 2 Monate, die wir gebraucht hatten, um uns das erste Mal so richtig angekommen zu fühlen. Nicht nur angekommen, weil die ersten Hürden genommen waren, sondern so angekommen, dass du dich ein klein wenig daheim fühlen konntest. Dazu benötigte es viele Zeichnungen an der Wand im Zimmer der Kinder und Freunde und Freundinnen in der Schule.

Jetzt, nach fast einem halben Jahr, sind wir um viele Erfahrungen, Freunde aus aller Welt, köstliche Inspirationen aus der Küche verschiedener Länder und einigen zusätzlichen sprachlichen Kenntnissen reicher. So gefüllt, dass wir uns die Frage stellten: “Warum eigentlich nicht bleiben, in Mexiko unser Business aufbauen und den Kindern die Möglichkeit schaffen, beide Sprachen - Englisch und Spanisch - so richtig gut zu lernen?

Die Möglichkeit ist vorhanden. Es würde in der Region gute Trainer und Berater brauchen. Die Anfragen waren da und dort wo wir konnten, haben wir geholfen.

Allerdings gibt es ja immer zwei Seiten einer Medaille und die andere Seite, die zumindest gegenwärtig gegen den Auswanderungsplan spricht, ist, dass uns auch viele Annehmlichkeiten - von denen ich geschrieben hatte - abgehen würden. Zudem würden uns die Familie und unsere Freunde fehlen.

Aber vielleicht benötigt es auch kein Auswandern um ein buntes Dasein zu erleben. Mit ein wenig Organisation, wie eine spanisch- und englischsprechende Nanny für unsere Kinder, spanisch-mexikanische Abende mit lauter Musik sowie Totopos mit Guacamole sowie zukünftige Reisen, lassen sich diese schönen, emotionalen Unterbrechungen im täglichen Leben gut einbauen.

Es heisst nun Abschied nehmen

Das räumliche Abschiednehmen ist bereits erfolgt. Wir haben kurzerhand beschlossen, die Heimreise ein wenig vorzuverlegen und feiern das Weihnachtsfest nun umgeben von ein bisschen Schnee und Schneeregen sowie unserer Familie und unseren Freunden daheim in Österreich.

Das emotionale Abschiednehmen wird wohl noch ein bisschen dauern, da der Ort für uns so viel mehr war, als ein bisschen Strand und Sonne. Wir hatten eine so herausragende Zeit miteinander. Die Kinder untereinander: sie haben sich gefetzt und gestritten, kurz darauf sind sie sich wieder in den Armen gelegen.

Gemeinsam, als Familie, verbrachten wir schöne, aufregende und manchmal weniger aufregende Momente miteinander. Geärgert haben wir uns auch oft genug. Homeschooling am Nachmittag, zusätzlich zum täglichen Schulunterricht, war schon herausfordernd. Da brauchte es immer wieder Überzeugungsarbeit um Lenny verständlich zu machen, wofür wir hier sitzen und am Nachmittag Mathematik büffeln.

Dann all die Leute, die wir kennenlernten: ich habe in keinem anderen Land, in dem ich zuvor war, so freundliche, herzliche und liebenswürdige Menschen getroffen. In den letzten Monaten ist uns nicht eine Person untergekommen, die sich über die Umstände oder über die Lebenssituation beschwert hätte. Und damit meine ich nicht ausschließlich Menschen, die sich freiwillig an diesem Ort befinden und denen es ohnehin gut geht, sondern Mexikaner, die arbeiten, das täglich oder 6 Tage die Woche und trotzdem äußerst zufrieden mit ihrem Leben sind.

Wir sind nun um Freunde, die uns ans Herz gewachsen sind und uns im nächsten Jahr in unserer schönen Heimat am Mondsee besuchen werden und zahlreiche Erinnerungen reicher. Von den Fledermäusen und Kakerlaken, die wir anfangs immer wieder aus unserem Schlaf- und Wohnzimmer verscheuchen mussten, über die vielen Radfahrten, die uns überschüssige Kilos gekostet haben bis hin zu den erlebnisreichen Bootstouren und den aufregenden Tagen in der Schule samt Feierlichkeiten, an denen auch Alex und ich teilhaben durften.

Die letzten Tage in Mexiko waren geprägt vom Abschiednehmen. Abschied vom Strand, von unseren Lieblingsmenschen und -plätzen, von unserem Haus, in dem wir uns sehr wohlgefühlt hatten, von den LehrerInnen und SchülerInnen, vom Team der Schule insgesamt. Die Kinder wurden so herzlich aufgenommen und mit den Kindern auch wir. Auch wenn es anfänglich noch neu und ungewöhnlich war, hatten sich Lenny und Rosa sehr schnell an den berührungs- und umarmungsfreundlichen Umgang zwischen den Schülern und auch Lehrern und Schülern gewöhnt. Über die offene und liebevolle Art des Miteinanders entstehen in Kürze tiefe Verbindungen zwischen den Menschen. Luis aus Venezuela, unser Hausbetreuer hat es ganz treffend formuliert, als er sagte: “Ich bin nun seit 15 Jahren in diesem Land. Warum sollte ich es verlassen? Mexiko ist immer gut zu mir gewesen.

Das kann ich, das kann meine Familie, nur bestätigen. Mexiko hat uns mit offenen Armen empfangen und nur schweren Herzens gehen lassen. Aber wer weiß, jedes Ende ist auch ein neuer Anfang und vielleicht bringt dieser Anfang neue und fesselnde Pläne für die Zukunft mit sich. Wir sind ja noch jung! ;-)

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Neues Jahr, schöne Aufgabe

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